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Pullover und Krawatten bleiben liegen, dafür laufen Röcke und Sakkos. Ein Gespräch mit Frank Ganzasch, geschäftsführender Gesellschafter bei hachmeister + partner und u.a. verantwortlich für das Handelspanel der Unternehmensberatung, über das Weihnachtsgeschäft 2023, die weiterhin hohe Relevanz von Sale-Aktionen und die Herausforderungen 2024.
Veröffentlicht am 21.12.2023
TextilWirtschaft: Das Weihnachtsfest steht kurz bevor. Werden viele Pullover, Krawatten und Schals unter dem Baum liegen?
Frank Ganzasch: Wie jedes Jahr ist Mode wieder ein schönes Geschenk. Die typischen Geschenke wie Pullover scheinen dieses Jahr aber nicht ganz so beliebt zu sein, da sie im Vorjahresvergleich in den vergangenen vier Wochen etwas schwächelten - Umsatz Damen- und Herren-Pullover minus 1%, Sweat ist deutlich schlechter. Auch Krawatten werden dieses Jahr eher weniger verschenkt. Dafür performen die Sakkos mit plus 9% erstaunlich gut. Dies weist darauf hin, dass die Festtage und der Jahreswechsel als Anlass gesehen werden, sich wieder schicker zu kleiden. Passend zu dieser Entwicklung werden auch die Damen voraussichtlich Röcke tragen (plus 35%).
Wie haben sich die Umsätze in Ihrem Panel im November und in den ersten Dezember-Wochen entwickelt?
Der November schloss im stationären Bereich mit plus 0,1% zum Vorjahr ab. Deutlich negativer haben sich mit minus 8% die Stückumsätze entwickelt. Die Umsatzstabilität wird durch den erhöhten Durchschnittspreis getragen. Der Dezember 2022 war außerordentlich stark. Daher ist es nicht verwunderlich, dass wir im aktuellen Jahr mit den Umsätzen deutlich hinterher sind. Die Stückumsätze liegen bei etwa minus 15% zum Vorjahr. Das Ganze folgt aus einer niedrigen Frequenz - minus 13% zum Vorjahr. Gerade die südlichen Regionen Deutschlands waren zu Beginn des Monats von besonders starken Schneefällen betroffen.
Wie haben sich die wichtigsten Kennzahlen entwickelt?
Im laufenden Quartal sind die Preisänderungen durchgängig positiv aufgefallen, da diese um 1,6 Prozentpunkte zum Vorjahr reduziert wurden. Die Entwicklung zieht sich durch annähernd alle relevanten Sortimentsbereiche. Bei nahezu stabiler Wareneingangs-Kalkulation ergibt sich somit ein positiver Effekt auf die erzielte Kalkulation. Bei der Umsatzveränderung von plus 0,9% zum Vorjahr ergibt sich letztendlich ein Rohertrag auf Vorjahresniveau.
Welchen Einfluss hatten in diesem Jahr Black Friday und Cyber Monday auf die Umsatzentwicklung in Ihrem Händlerkreis?
Der Black Friday ist immer noch relevant für den Umsatz. Im Vergleich zu den Vorwochen konnte der Black Friday für ein sehr gutes Umsatzplus von 16% und ein Plus von 26% in Bezug auf den Stückverkauf sorgen, während die Abschriften um 10 Prozentpunkte gestiegen sind. Das Kaufverhalten wurde vom Black Friday allerdings nicht sonderlich beeinflusst. So entsprach die Conversion-Rate im h + p-Panel mit 22% dem Durchschnitt der vorhergehenden Wochen. Vergleichen wir den Black Friday jedoch mit dem Vorjahr, fällt auf, dass der Umsatz leicht negativ war. Durch die diesjährigen geringeren Abschriften konnte aber die erzielte Kalkulation um plus 0,2% Prozentpunkte erhöht werden.
Welche Produkte sind aktuell besonders nachgefragt?
Bei den Damen haben in diesem Quartal mit plus 15,6% die Freizeithosen gewinnen können. Hier stehen die Regular-Fit Hosen an oberster Stelle im Ranking. Auch die Wide-Leg Hosen liegen weiterhin im Trend. Das Sortiment Röcke hat zwar einen geringeren Umsatzanteil, aber dennoch einen erstaunlichen Umsatzzuwachs - plus 38,1%. Hier liegen zurzeit kurze festliche Röcke mit Glitzer weit vorne, aber auch die Leder- und Plisseeröcke sind derzeit wieder gefragt. Im aktuellen Quartal entwickelten sich in der HAKA die Sortimente Strickwaren mit plus 4,9% und Hemden mit plus 7,7% am besten. Im Sortiment Strickwaren sind neben den Basic-Pullovern mit Rundhals-Ausschnitt vor allem die Strickpullover mit Half-Zip und Stehkragen ein Trend in dieser Saison. Das Sortiment Hemden fällt in unserem Panel vor allem mit karierten Hemden in jeglichen Karo-Mustern auf.
Welche Stilgruppen konnten profitieren?
Bei dem stetigen Wachstum der Premium-Stilgruppen scheint in den vergangenen Monaten etwas Ruhe eingekehrt zu sein. Die einzigen auffälligen Stilgruppen sind Modern Classic Premium im Damensortiment mit plus 11,3% und Modern Classic Mainstream im Herrensortiment mit plus 8,4%. Eine bemerkenswerte Negativ-Veränderung gab es in diesem Jahr nicht.
Dem Jahr 2023 fehlen noch einige Tage, welchen Jahresabschluss erwarten Sie?
Die Umsatzveränderung für das Jahr 2023 wird voraussichtlich bei plus 3,5% zum Vorjahr liegen. Diese Umsatzsteigerung ist durch erhöhte Durchschnittspreise - plus 8% - generiert worden, da die Stückveränderung negativ ist - minus 3% aufgelaufen. Bei der Betrachtung der vergangenen zwölf Monate sind die Kauftage mit plus 12% und die durchschnittlichen Ausgaben der A-Kunden plus 18% deutlich gestiegen, während die schwächeren Kunden-Cluster negative Veränderungen aufweisen. Daraus ist abzulesen, dass starke Kunden preisunabhängig einkaufen und einkommensschwächere Kunden selektiver kaufen. Alles in allem verändert sich der Rohertrag positiv.
Welche Marktentwicklung hat Sie in diesem Jahr besonders überrascht?
Trotz der allgemeinen Inflation und der politischen Lage lief das Jahr besser als erwartet. Überraschend waren jedoch auch die abfallenden Umsätze im Online-Bereich. Hier agiert der Kunde deutlich preissensibler als im stationären Handel. Negativ aufgefallen ist die Warensteuerung in diesem Jahr. Als Beispiel wurden die Jacken im August viel zu früh in den Handel eingesteuert. Sie wurden aufgrund des warmen Wetters im September nicht gut abverkauft. Dies führte zu hohen Lagerbeständen und einer hohen Kapitalbindung. Bei den zukünftigen Entscheidungen können sich die Händler nicht mehr auf bisherige Gegebenheiten oder Strukturen verlassen. Das Umfeld ändert sich stetig, dementsprechend müssen Händler und Hersteller ihre Prozesse ebenfalls laufend hinterfragen.
Was sind derzeit die größten Herausforderungen für den Markt?
Das Sorgenkind der Branche ist die LUG, es zeigt den strategischen Handlungsbedarf für Händler und Hersteller gleichermaßen auf. Aktuell liegt die LUG 8% unter Vorjahresniveau und hat sich damit auf 2,4 verschlechtert. Dies entspricht einer Verweildauer von 5 Monaten auf der Fläche und bindet entsprechend das Kapital. Hier gilt es für 2024 durch koordinierten und KI-gestützten Einsatz von Technologie deutliche Fortschritte und Einsparungen im Bereich des Merchandise-Managements zu erzielen. In der HAKA sind die Lagerbestände zweistellig gestiegen. Die Herausforderung ist also, die Planung zu optimieren, um somit die Kapitalbindung möglichst gering zu halten. Auch hier werden Schritte in Richtung Digitalisierung oder Nutzung von Planungs-Tools einen wichtigen Faktor darstellen.
Was erwarten Sie für 2024?
Auch im Jahr 2024 wird es eine weitere Marktbereinigung durch Geschäftsaufgaben und Insolvenzen geben. Für die noch gut dastehenden Marktakteure wird es jedoch auch immer wichtiger, zielgerichtet die Ware vorrätig zu haben, um die Kapitalbindung und auch die Abschriften zu minimieren. Der Einsatz von KI-Systemen und anderen Technologien bietet in diesen Bereichen eine gute Unterstützung und wird immer essenzieller. Wirtschaftlich gesehen geht an den Vorteilen solcher Systeme langfristig kein Weg vorbei. Bei den Erwartungen bzw. Fokusthemen für das kommende Jahr darf man natürlich auch nicht die Nachhaltigkeitsthemen außer Acht lassen. Die Vorbereitung auf die Umsetzung der Legislative im Jahr 2025 werden für viele Marktteilnehmer eine umfangreiche Rolle einnehmen.
TextilWirtschaft, Aziza Freutel: "Die LUG muss in den Fokus der Branche rücken" (Donnerstag, 21. Dezember 2023)
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