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TextilWirtschaft: Interview mit Ole Schartl von h+p

Der Krieg in der Ukraine erschüttert seit Ende Februar neben Lieferkettenproblemen und Preissteigerungen auch die Modebranche. Ein Gespräch mit Ole Schartl, Partner bei der Unternehmensberatung Hachmeister + Partner, über niedrige Frequenzen, Konsumunlust und Zusatzsortimente.

Veröffentlicht am 16.03.2022

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"Das Thema Preis wird durch den Krieg tangiert"

TextilWirtschaft: Wie wirkt sich der Krieg in der Ukraine auf die Umsätze aus?
Ole Schartl: In der 10. Woche lagen die Umsätze im Vergleich zu 2019 bei minus 14,1% (H.I.T-Kreis). Damit war die Woche etwas besser als die zwei vorherigen. Der Krieg hat also zu keinem weiteren Einbruch in der Umsatzentwicklung geführt. Allerdings war die Umsatzerwartung des Handels für die vergangene Woche wohl höher, da die 2G-Regelungen aufgehoben wurden und in der Politik über weitere Lockerungen gesprochen wurde. Auch hat das Wetter ja mitgespielt. Bisher also kein Einbruch, aber ein deutlich positiver Aufwärtstrend lässt sich auch nicht ablesen.

Hat der Krieg auch Einfluss auf die Warenverfügbarkeit?
Der Produktionsstandort Ukraine ist laut Statistischem Bundesamt nicht unter den Top 25 Importländern Deutschlands, die direkten Auswirkungen auf die Warenverfügbarkeit sind für die Branche so erst mal gering. Bei Herstellern, die in der Ukraine produzieren, kann es aber natürlich zu Ausfällen oder Verspätungen kommen. Aber wir befinden uns noch in einer zu frühen Phase, um dies endgültig absehen zu können. Außerdem haben wir aus Gesprächen gehört, dass in manchen Betrieben in der Ukraine bis zur letzten Woche noch gearbeitet wurde. Dies verändert sich in der derzeitigen Konfliktsituation allerdings dynamisch.

Wie wird sich der Krieg mittel- und langfristig warentechnisch auswirken?
Um ein mittelfristiges bzw. langfristiges Szenario aufzeigen zu können, sind wir auch noch zu früh und meine persönliche Hoffnung auf ein schnelles Ende des Konfliktes ist immer noch groß. Das Thema Preissteigerungen wird durch den Krieg in jedem Fall zusätzlich tangiert – wegen der höheren Energiekosten, aber auch wegen der Umschichtung von Beschaffungsmärkten/-stätten.

Welchen Umsatzanteil hat neue Ware?
Ware der Frühjahr/Sommer-Saison hat jetzt einen Anteil von rund 50%, hinzu kommt der NOS-Anteil. Winterware spielt nur noch eine untergeordnete Rolle, was sicher auch an den geringen Beständen an H/W-Ware und dem guten Wetter der vergangenen zwei Wochen liegt.

Hat sich die Warenmenge im Vergleich zu Vor-Corona signifikant verändert?
Per Ende Februar hatten wir ein Bestandsniveau von ca. 11% unter 2020. Dies ist sicher niedrig, aber auf der anderen Seite liegen die Umsätze im Januar und Februar rund 30% unter 2020. Im Vergleich des aktuellen Wareneingangs waren vor allem Dezember und Januar niedrig im Vergleich zu 2020. Im Februar hat sich der Eingang etwas erhöht, liegt aber immer noch 20% unter 2020.

Inwieweit zeichnen sich schon Preiserhöhungen zum Saisonwechsel ab?
Die Preiserhöhungen im langfristigen Vergleich mit 2019 sind im Hinblick auf den Zeitraum moderat bei rund 5%. Ausreißer ist der Design-Bereich mit den Luxus-Labels, dort gab es zum Saisonwechsel Preissteigerungen von ca. 30%.

Welche Produkte werden derzeit besonders nachgefragt?
Der Sweat-Trend ist im Herren- und Damenbereich ungebrochen. Besonders stark sind Hoodie-Typen als Jacke oder Shirt. Aber auch Sweat-Hosen und Joggpants laufen bei Männern und Frauen schon gut. In der HAKA sind Outdoor-Westen bereits stark nachgefragt. In der DOB verzeichnen neben Jacken auch Leder bzw. Lederimitattypen als Hose oder Rock gute Umsätze.

Wo sehen Sie die größten Herausforderungen für den Modehandel?
Die größte Herausforderung ist immer noch die geringe Frequenz, wodurch sowohl die Conversionrate als auch die Zahl der Teile pro Kunde weiter steigen müssen. Das kann nur durch attraktive Sortimente, attraktive Services und eine Top-Beratung im Verkauf gelingen. Auch das Angebot an Zusatzsortimenten und vor allem Gastrobereiche, die zum Verweilen einladen, sind nach wir vor ein Schlüssel zum Erfolg.

Wo steht der Handel aufgelaufen nach dem Februar und inwieweit müssen Sie Ihre Prognose für 2022 anpassen?
Der Status nach zwei Monaten ist aus unserer Sicht erwartungsgemäß. Aufgrund der Erfahrungen aus 2021 und dem Infektionsgeschehen war nicht damit zu rechnen, dass wir viel besser dastehen. Der Ukraine-Krieg hat in den letzten Wochen für viel Gesprächsstoff gesorgt und das schwache Konsumklima noch weiter negativ beeinflusst. Noch sind die Auswirkungen auf den stationären Handel gering, aber bei längerer Krisendauer, verbunden mit steigenden Energiepreisen, muss man wohl die Prognosen für 2022 anpassen.

TextilWirtschaft, Azizia Feutel: Interview mit Ole Schartl von H+P: "Das Thema Preis wird durch den Krieg tangiert" (Mittwoch, 16. März 2022)

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