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Marc Unterbrink von Hachmeister+Partner über die verlängerte Sommersaison, den schwachen Start in den September und die Aussichten für den Modemarkt im kommenden Jahr.
Veröffentlicht am 15.09.2022
Marc Unterbrink von Hachmeister+Partner über die verlängerte Sommersaison, den schwachen Start in den September und die Aussichten für den Modemarkt im kommenden Jahr.
TextilWirtschaft: Die Temperaturen waren zuletzt noch hochsommerlich. Welchen Umsatzanteil hat die neue Herbstware überhaupt schon? Und ist das viel oder wenig im Vergleich zu den Vorjahren?
Marc Unterbrink: Der Umsatzanteil der Herbstware lag im vergangenen Monat im DOB-Segment bei rund 40% und im HAKA-Segment bei unter 30% (jeweils ohne saisonale NOS-Artikel) und somit unter dem Anteil der Sommerware. Gegenüber dem Vorjahr gab es eine Verschiebung der Anteile von Herbst- zu Sommerware, gegenüber dem Vor-Corona-Niveau hat sich der Anteil der Herbstware sogar deutlich reduziert. Die Saisonverlängerung aufgrund der heißen Sommertemperaturen ist dementsprechend deutlich erkennbar.
Inwieweit beeinflusst die lange Hitzeperiode das Abschriftenverhalten und den Abfluss der Sommerkollektion im Modehandel?
Die Abschriften liegen insgesamt unterhalb denen der vergangenen drei Jahre. Dies spiegelt sich in jedem Sortimentsbereich wider. Im August haben sich die Abschriften im Damen- (hier insbesondere bei den Wirkwaren) und Kinder-Segment erstmalig wieder erhöht. Durch die hohen Temperaturen wurde die Sommerkollektion insgesamt auch länger nachgefragt – die Kaufmotivation der Kunden durch Abschriften war weniger notwendig.
Wie ist der Handel vor diesem Hintergrund in den September gestartet?
Der Start in den September war schwächer als gewöhnlich. Sowohl die Frequenz als auch die Umsätze (35. Woche: minus 20%, 36. Woche: minus 16% zu 2019) blieben deutlich hinter den Erwartungen – und hinter den Vorjahren, in denen die Kauflaune zu Herbstbeginn höher war – zurück. Durch ausgewählte Marketingaktionen konnten einige Händler jedoch ihre Kunden gezielt zu Käufen motivieren.
Was wird an neuer Herbstware schon nachgefragt?
Neben Strick- und Wirkwaren werden im DOB-Segment Kleider nachgefragt. Im Vergleich zu den Vorjahren ist das Interesse an Kleidern zu Saisonbeginn deutlich gestiegen. Im HAKA-Segment machen Wirkwaren aktuell den größten Anteil der Herbstware aus. Bei den Hosen hatten gegenüber den Vorjahren zum Saisonstart erstmalig Freizeithosen einen höheren Umsatzanteil als Jeans.
Wie entwickeln sich DOB und HAKA, KOB, Wäsche und Sport?
Stationär am besten abgeschnitten hat zum Saisonstart das Wäschesegment (minus 1,7% im August gegenüber 2019), gefolgt vom HAKA-Bereich (minus 4%). Die DOB schnitt im August mit minus 11,9% am schlechtesten ab. Der Kindermodebereich entwickelte sich mit minus 5,8% noch überdurchschnittlich und der Sportbereich verlor mit minus 8,5%. Die Online-Verkäufe verbessern das Ergebnis jeweils leicht.
Welche Stilgruppen performen derzeit am besten?
Nach wie vor gewinnen die Premium-Stilgruppen weiter an Umsatzanteil. Dabei entwickelt sich der Modern Premium-Bereich am besten. Im Herren-Segment hat diese Stilgruppe mittlerweile den größten Umsatzanteil.
Mit dem September bricht das letzte Drittel des Jahres an. Wo liegt der Modehandel aufgelaufen per Ende August?
Per Ende August hat der stationäre Modehandel in unserem Panel aufgelaufen ca. minus 10% gegenüber dem Vorkrisen-Niveau verloren. Rechnet man die Online-Umsätze hinzu verringert sich die Umsatzlücke zum Vorjahr auf minus 7,5%. Stückbasiert war die Entwicklung deutlich schlechter, aber durch geringere Abschriften, mehr Premium-Anteil und höhere Preislagen konnten die Verluste abgemildert werden.
Hohe Inflation, miese Konsumstimmung, Lieferprobleme, Rückzahlung von Überbrückungshilfe – was sind Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für die Branche in den kommenden Monaten?
Eine große Herausforderung wird nach wie vor sein, ausreichend Ware zum richtigen Zeitpunkt auf die Fläche zu bringen. Die Logistik-Kette ist immer noch stark beeinträchtigt. Außerdem müssen die Händler weiterhin viel Zeit und Energie in das Recruiting von Personal investieren, um ihre Flächen mit gutem Verkaufspersonal zu besetzen. Gerade zu Saisonbeginn, wenn die Anzahl der wichtigen A-Kundinnen und -Kunden hoch ist, benötigen die Händler ausreichend gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der Fläche. Hinsichtlich der Konsumstimmung ist nicht zuletzt die Politik gefragt, deutliche Zeichen zu setzen und die Kauflaune positiv zu beeinflussen.
Was erwarten Sie für den Jahresabschluss und 2023?
Nach unserer aktuellen Prognose-Rechnung wird das Jahr 2022 im Vergleich zu 2019 mit ca. minus 9% (stationär) bzw. ca. minus 6% (inklusive Online) abschließen. Verglichen mit dem Vorjahr 2021 ist eine Verbesserung um rund 30% im stationären Handel zu erwarten.
TextilWirtschaft, Azizi Freutel: h +p-Analyse zum Saisonstart Herbst 2022 - "Anteil der Herbstware unter Vor-Corona-Niveau" (Donnerstag, 15. September 2022)
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