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TextilWirtschaft: "Umsatzwachstum durch höhere Preise"

"Die moderate negative Umsatzentwicklung resultiert unverändert aus der hohen Durchschnittspreisveränderung", sagt Frank Ganzasch. Nach seinen Erhebungen haben die Preise für DOB und HAKA um jeweils knapp ein Zehntel angezogen.

Veröffentlicht am 19.06.2023

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"Umsatzwachstum durch höhere Preise"

Frank Ganzasch ist als Partner von hachmeister + partner unter anderem für den Benchmarking-Pool der Handelsberatung verantwortlich. Er spricht im TW-Interview über die aktuelle Marktentwicklung, fehlende Stückumsätze und die starke Anlassmode.

TextilWirtschaft: Der Mai war 2022 einer der zuwachsstärksten Monate – auch weil sich die Verkaufssituation zunehmend normalisierte. Wie entwickelte sich der Modehandel dieses Jahr vor diesem Hintergrund?
Frank Ganzasch: 
Die Ergebnisse des Vorjahres-Mai konnten dieses Jahr nicht ganz erreicht werden. Während der Umsatz für Herrenmode um etwa 5,4% sank, ging der Umsatz der Damenmode lediglich um 3,2% zurück. Auffallend sind die Bestände: Diese sind bei den Damen- und Herrensortimenten im Vergleich zum Vorjahresmonat um 12,2% bzw. 25,0% gestiegen und somit recht hoch.
Die Conversion-Rate lag in den letzten Monaten leicht unter dem Vorjahresniveau, konnte sich zum Mai aber wieder an den Vorjahreswert annähern. Zudem wird deutlich, dass die oftmals thematisierten höheren Durchschnittspreise die fehlenden Stückumsätze nicht kompensieren konnten. Der Ertrag in dem gesamten Bekleidungssortiment nahm um 4,6% ab.

Der Anstieg der Bekleidungspreise ist auf Rekordniveau. Inwieweit muss das bei der Beurteilung der Umsatzentwicklung berücksichtigt werden?
Die moderate negative Umsatzentwicklung resultiert unverändert aus der hohen Durchschnittspreisveränderung (9,1% DOB und 9,8% HAKA). Diese fußt nur zu kleinen Anteilen auf Sortimentsverschiebungen zu höherpreisigen Sortimenten und auch nicht auf Verschiebung von Mainstream- zu Premiumstilgruppen. Auch die niedrigeren Abschriften wirken sich nur minimal auf die höheren realisierten Verkaufspreise aus.
Wenn man nur die Stückveränderung betrachtet, dann liegt ein Minus von 13,9% für Herren und 11,2% für Damen vor. In der DOB liegen die Blusen annähernd auf Vorjahresniveau, während die Wirk- und Kleidersortimente stark an Umsatz pro Stück verloren haben.
Interessant ist die Entwicklung bei den Hosenanzügen, die ihren geringen Anteil am DOB-Gesamtsortiment nahezu verdoppelt haben. Die HAKA-Sortimente mit einer positiven Umsatzstückveränderung sind Jacken, Sakkos und Strickjacken.

Wie haben sich die Stückzahlen insgesamt entwickelt?
März und April waren außerordentlich nass und kühl. Und auch im Mai war es zeitweise nicht gerade frühlingshaft. Der etwas kühlere Monat hatte eine deutlich dämpfende Wirkung auf die Nachfrage. Auffallend ist dies vor allem bei Herren T-Shirts, Bermudas/Shorts und Polos. In der DOB sind ebenfalls die Shorts, Kleider, Shirts und Polos auffallend schwach.

Die Frühjahr-/Sommer-Saison ist mittlerweile weit fortgeschritten. Was ist Ihr Zwischenfazit?
Die Umsatzveränderung ist insgesamt recht positiv, mit einem Plus von 4,9% zum Vorjahr bei annähernd gleicher Abschriftenhöhe. Das Umsatzwachstum konnte allein durch die höheren Durchschnittspreise realisiert werden und überkompensiert den Absatzrückgang von minus 5,4%.
Anzumerken ist, dass der Marktanteilzuwachs der Premium-Marken nachgelassen hat. Hingegen haben Mainstream-Marken wieder etwas Marktanteile zurückgewonnen. In der HAKA ist dieses Phänomen deutlicher als in der DOB zu sehen. Die Wachstumsdynamik vom Premium-Segment hat nachgelassen. Die hohen Bestände zum Ende des Monats Mai sind eine Indikation für bevorstehende höhere Abschriften.

Wie stellt sich die Abschriftensituation dar?
Die Abschriften im Mai sind im Vergleich zum Vorjahr deutlich gesunken. Am stärksten in der DOB mit minus 2,0 Prozentpunkten und in der HAKA mit minus 1,1 Prozentpunkten. Auch in den Sortimenten Kinder, Herren- und Damen-Wäsche sowie Schuhe sind die Entwicklungen hier positiv.

Traditionell finden im Mai viele Feierlichkeiten statt. Hat das die Anlassmode gestärkt?
Die anlassbezogene Mode der Damen performt aktuell sehr stark. Der Top-Renner sind die Hosenanzüge in einem breiten Farbspektrum. Ebenso performten die Blazer mit plus 26,7% Wachstum stark. Im Kontext zu den beiden vorherigen Monaten erscheint dieser Anstieg jedoch nicht allzu stark, da die Blazer in den vergangenen drei Monaten um ca. 48% zum Vorjahreszeitraum gestiegen sind.
Die klassische Anlassmode in der HAKA (Baukasten und Anzüge) hat sich im Mai stark unterdurchschnittlich entwickelt, während der informellere Bereich der Sakkos stark gestiegen ist. Die Umsätze haben sich auch nicht auf die vorgehenden Monate verlagert.

Wie haben sich die verschiedenen Stilgruppen entwickelt?
Wachstumstreiber der Saison im Herrenbereich sind Modern Man Premium und Modern Classic Mainstream. Modern Classic Mainstream wird von den Business-Marken getragen, während das Trendy-Segment enttäuschend performte. Bei den Damen wächst Modern Classic Premium und Mainstream stark. Häufig getragen von einigen Marken mit starker Konjunktur. Trendy entwickelt sich noch positiv, aber unterdurchschnittlich.

Wie war der Start in den Juni?
Während in der 23. Woche die Umsätze mit Bekleidung um 21,6% zulegen konnten, fiel der Mai-Abschluss (22. Woche) weniger stark aus, und zwar mit einem Plus von 4,6% zum Vorjahr. Im Vergleich mit 2019 verzeichnete die 23. Woche ein zweistelliges Wachstum.

TextilWirtschaft, Aziza Freutel: "Umsatzwachstum durch höhere Preise" (Mittwoch,14. Juni 2023)

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