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TextilWirtschaft: h+p-Analyse zum dritten Quartal 2022 und Ausblicke für den Abschluss 2022

Mit dem September endete das dritte Quartal 2022. Wie der stationäre Multilabel-Handel dasteht und wie die Erwartungen für den Jahresendspurt aussehen, sagt Frank Ganzasch, geschäftsführender Gesellschafter bei Hachmeister + Partner und dort unter anderem für das Benchmarking verantwortlich.

Veröffentlicht am 12.10.2022

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Wertigkeit der Ware wird noch wichtiger

Mit dem September endete das dritte Quartal 2022. Wie der stationäre Multilabel-Handel dasteht und wie die Erwartungen für den Jahresendspurt aussehen, sagt Frank Ganzasch, geschäftsführender Gesellschafter bei Hachmeister + Partner und dort unter anderem für das Benchmarking verantwortlich.

TextilWirtschaft: Nach dem heißen August war es im September deutlich herbstlicher. Wie hat sich das auf die Umsätze ausgewirkt?
Frank Ganzasch: Nach einem moderaten Beginn der Herbst-Saison ist ein deutliches Wachstum in der zweiten Monatshälfte des Septembers zu verzeichnen, sodass die Umsätze im stationären Handel weiter steigen. Der September schneidet insgesamt umsatzstärker als der August ab und nähert sich mit einer Umsatzsatzveränderung von minus 4,8% zu 2019 weiter dem Vorkrisenniveau an. Auch im Vorjahresvergleich performt der September besser als der August und generiert ein Plus. Der Online-Umsatz der stationären Händler erzielte im Vergleich zu 2021 ein deutlich positives Ergebnis.

Welche Waren- und Stilgruppen waren besonders gefragt?
Neben Sweatshirts, Jacken und Baukasten-Anzügen waren die Freizeithosen in der HAKA die Best Performer. In der DOB wurden die Warengruppen Pullover, Jacken, Blazer und Sweatshirts stark nachgefragt.
Der Trend zu Premium-Stilgruppen setzte sich auch im September weiter fort. Insbesondere Modern Premium war im stationären Handel stark nachgefragt - von Frauen und Männern. In der HAKA erzielt diese den stärksten Umsatzanteil; hier ist auch ein starkes Wachstum im Bereich Design zu beobachten – wenn auch auf einem geringen Umsatzanteil.

Die Themen Krieg und Preissteigerungen belasten momentan stark die Konsumstimmung, inwiefern zeigt sich das auch bei der Modenachfrage?
Das zeigt sich bisher nur begrenzt. Zum einen: ja, es gibt eine Kaufzurückhaltung im September bezüglich der verkauften Stücke in Höhe von minus 13% zum Vorkrisenniveau, andererseits ergibt sich durch die Verschiebung hin zu höherpreisigen Stilgruppen und wertigerer Ware sowie selektiven Preiserhöhungen ein moderates Umsatzminus von 4,8% zu 2019. Es zeigt sich auch, dass Premium und Luxus unverändert positiv performen – die Krise trifft nicht jeden Verbraucher in Relation zum verfügbaren Einkommen gleich stark.

Wie haben sich die wichtigsten Kennzahlen im September entwickelt?
Die LUG liegt mit einem Wert von 2,3 annähernd auf Vorkrisenniveau. Hier zeigen sich die ersten Ergebnisse aus der Optimierung der Wareneinsteuerung auch durch die Digitalisierung. Das wird ein Kernthema der nächsten Jahre sein. Die erzielte Kalkulation ist ebenfalls auf Vorkrisenniveau. Der durchschnittliche Bon lag im September knapp über 75 Euro. Bei den Teilen pro Bon zeigt sich, dass hier gezieltere Käufe getätigt werden. Dieser Wert hat sich um 6% gegenüber dem Vorkrisenniveau erhöht. Betrachtet man nur die stationären Händler, die vor der Krise keinen Online-Umsatz realisiert hatten, so generieren diese aktuell 6% ihres Umsatzes über Online-Kanäle. Dabei gibt es ein Shift von den Plattformen hin zum eigenen Online-Shop.

In den vergangenen Saisons kam viel Ware verzögert an. Inwieweit gab es zum Start in die Herbstsaison Lieferverzögerungen?
Das Thema ist nicht mehr so akut wie im Vorjahr. Hier gibt es sicherlich die eine oder andere Verzögerung, aber sowohl Händler- als auch Hersteller haben gelernt sich frühzeitig bei möglichen Verzögerungen abzustimmen.

Welche Auswirkungen hat der zum 1. Oktober gestiegene Mindestlohn Ihrer Meinung nach?
Die Auswirkungen sind nicht nur bezogen auf die zum Mindestlohn Beschäftigten zu betrachten, vielmehr kann hieraus eine insgesamte Lohnerhöhungsspirale resultieren; dann müssen letztendlich diese Zusatzkosten auf die Produkte umgelegt werden. Aber: der Kunde, der den Aufwand betreibt, auf die Fläche zu kommen, honoriert immer häufiger eine gute Beratung.

Mit dem September geht auch das 3. Quartal 2022 zu Ende. Wie schließt Ihr Händlerkreis den Zeitraum Juli bis September ab?
Im Vergleich zum Vorjahr ist ein Umsatzminus 5,5% zu beobachten. Die erzielte Kalkulation verbessert sich im 3. Quartal um 0,3 Prozentpunkte zu 2019.

Inwieweit liegt der Handel hinter dem Vergleichsjahr 2019 noch zurück und wie hat sich das in den vergangenen drei Monaten entwickelt?
Im Kalenderjahr aufgelaufen per September liegt die Umsatzveränderung bei minus 7%. Das 3. Quartal mit einer Umsatzveränderung von minus 5,1% hat das Gap weiter reduziert. Die erzielte Kalkulation hat sich darüber hinaus im dritten Quartal um 0,6 Prozentpunkte auch zu 2019 weiter erhöht.

Was sind Ihrer Meinung nach derzeit die größten Herausforderungen für den Modehandel?
Die hohe Abhängigkeit von der weiteren Energiepreisentwicklung und von der Handlungsfreudigkeit und -geschwindigkeit der Politik. Entsprechend gilt es – wie auch schon zu Beginn der Corona-Pandemie – auf mögliche weitere Disruptionen zu reagieren. Unternehmerisch gilt es trotz der Unsicherheiten weiter an der digitalisierten Ausrichtung des Unternehmens und der Prozesse, gerade auch der Warensteuerung, festzuhalten bzw. diese weiter zu forcieren.

Was erwarten Sie für das 4. Quartal 2022 und ganz besonders für das Weihnachtsgeschäft?
Wertige Ware bekommt noch mehr Wichtigkeit! Die Stückverkäufe werden weiter zurückbleiben. Qualifiziertes Personal auf der Fläche – wohl wissend, dass es hier einen Bottleneck gibt – zahlt sich um so mehr aus. Die Konsumneigung für Fashion wird stark beeinflusst sein von der weiteren volkswirtschaftlichen Entwicklung und der Entscheidungs- und Umsetzungsgeschwindigkeit der Politik. Politische und wirtschaftliche Unsicherheit beim Konsumenten bewirkt Konsumverzicht.

Was erwarten Sie für den Jahresabschluss?
Unsere Prognose heute: Insgesamt läuft unser Panel auf ein Minus von 6 bis 8% zu 2019 hinaus. Dabei ist die Spreizung der individuellen Entwicklungen aber weit; alles unter der Maßgabe, dass es keine weitere Verschärfung im Bereich der Inflation, der Energieversorgung und der gesamten wirtschaftlichen Entwicklung gibt. Im Vergleich zum Vorjahr 2021 ist eine Verbesserung von ca. 30% im stationären Handel zu erwarten. Herausforderungen gibt es in der Liquidität, da die Umsätze, auch im Weihnachtsgeschäft, vielleicht geringer, oder verspätet und dann mit geringerer Profitabilität eintreten. 

Was stimmt Sie mit Blick auf 2023 optimistisch?
Das Interesse an wertiger Mode bleibt weiter hoch und damit ergeben sich Möglichkeiten für Händler wie Hersteller, mit neuen Impulsen Nachfrage und Umsatz zu generieren. Zudem die gewonnene Erkenntnis, mit weniger Abschriften dennoch guten Umsatz generieren zu können – der Preis(-nachlass) ist eben auch in der Krise nicht zwingend der einzige Faktor. Besonders optimistisch stimmt mich die hohe Reaktions-, Innovations- und auch Investitionsfreude bei vielen Marktteilnehmern, denn daraus ergeben sich Möglichkeiten für eine nachhaltige Innovation des Geschäftsmodells.

TextilWirtschaft, Azizia Freutel: h + p Analyse zum dritten Quartal 2022 und Ausblick für den Abschluss 2022 - "Wertigkeit der Ware wird noch wichtiger" (Mittwoch, 12. Oktober 2022)

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