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TextilWirtschaft: "Die Frühjahrssaison könnte gar nicht schlecht verlaufen"

Uwe Seibicke, Partner bei der Unternehmensberatung hachmeister + partner, spricht im TW-Interview über die Entwicklungen im stationären Multilabel-Handel im Januar und die Aussichten für 2023.

Veröffentlicht am 09.02.2023

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"Die Frühjahrssaison könnte gar nicht schlecht verlaufen"

TextilWirtschaft: An Neujahr reichte vielerorts eine leichte Jacke. Inwieweit haben die milden Temperaturen, vor allem in der ersten Monatshälfte, den stationären Modehandel im Januar beeinflusst?
Uwe Seibicke: Die Erwartungen waren geteilt. Der Januar 2023 konnte mit hohen Zuwächsen im Vergleich zu 2022 abgeschlossen werden. Die Umsätze sind im Vergleich zum Vorjahr um 25% gestiegen, bei einem Verkaufstag mehr. Da aber der Beginn des vergangenen Jahres umsatzmäßig überaus negativ war, muss man dieses Wachstum dementsprechend relativieren.

Dennoch legen die Umsätze im stationären Handel seit November 2022 jeden Monat kontinuierlich zu, was die Stimmung vieler Händler deutlich aufgehellt hat. Die Kund:innen nutzten die Gelegenheit, Angebote zu suchen und zu finden. Kleiner Wermutstropfen ist dabei, dass das Vorkrisenniveau noch nicht erreicht ist.

Wie stellt sich die Abschriftensituation dar?
Die Abschriften liegen zum Vorjahr bei einem Pari. Einzig in der KOB erhöhten sich die Abschriften leicht zu 2022. Grundsätzlich hören wir von Handelsseite, dass mit Reduzierungen künftig selektiver umgegangen werden soll.

Anders als im Vorjahr galt in diesem Januar keine 2G-Regel. Wie hat sich das auf die Frequenz im stationären Modehandel ausgewirkt?
Erfreulicherweise legte die Frequenz wieder deutlich zu, und zwar um mehr als 40%. Allerdings muss man auch die Conversion Rate im Blick haben. In der vergangenen Woche (fünfte Woche) lag sie Rate bei 25,7% und damit fast sechs Prozentpunkte unter dem Vorjahres-Level.

Wie haben sich die Online-Umsätze entwickelt?
Der E-Commerce-Sektor ist weiterhin eher schwach unterwegs. Allerdings wurde hier auch zu euphorisch geplant. Im stationären Handel erwarten wir ein eher erfreuliches erstes Halbjahr sowie ein herausforderndes zweites Halbjahr 2023.

Im Dezember ist die Inflationsrate etwas zurückgegangen. Hat sich das bei den Modeumsätzen bemerkbar gemacht?
Dieser Zusammenhang ist kausal nicht abzuleiten. Der Dezember hat mit einem kleinen Plus zu 2019 abgeschlossen. Dabei waren im Dezember die Wochenergebnisse – bis auf die 51. Woche – deutlich rückläufig. Das positive Monatsergebnis ist auf zwei Verkaufstage mehr in 2022 zurückzuführen.

Zudem waren die Preissteigerungen im vergangenen Jahr noch nicht so deutlich zu spüren. 2023 werden die Preise für Modeprodukte stärker anziehen. Viele Händler und Hersteller haben die zum Teil zweistelligen Preissteigerungen noch nicht weitergegeben.

Wir gehen nicht davon aus, dass der Kunde dies so akzeptiert, sondern eher mal ein Teil weniger kauft. Diese Entwicklung wird weiteren Druck auf die untere Mitte ausüben.

Wie haben sich die Umsätze im Januar entwickelt? Welche Produktgruppen und Stilgruppen-Segmente wurden besonders nachgefragt?
Insbesondere die HAKA legte überproportional zu. Trotzdem wächst auch die DOB gegenüber dem Vorjahr deutlich. Schwächer, jedoch mit einem kleinen Wachstum, performten die KOB und das Wäsche-Segment. Trotzdem blieben alle Umsätze hinter 2019 zurück.

Das Jahr beginnt erneut mit guten Umsätzen für den Anlass-/Business-Bereich. Casual schwächelt sogar. Nach wie vor funktionieren die Premium-Preislagen besser als der Mainstream.

Was waren Ihrer Meinung nach die größten Herausforderungen für den stationären Modehandel im Januar?
Nach wie vor wird der Handel von den äußeren Rahmenbedingungen stark beeinflusst. So hat sich die Konsumstimmung teilweise aufgehellt und eine sinkende Inflation ist ein erstes positives Anzeichen dafür, dass die Frühjahressaison gar nicht so schlecht verlaufen könnte.

Die wirklichen Herausforderungen für die Konsument:innen (u.a. neue Eckpreislagen) werden erst in den kommenden Wochen und Monaten wirklich im Markt ankommen, sodass die Akzeptanz abzuwarten bleibt.

Was erwarten Sie für die kommenden Monate?
Die generellen Aussichten für das Jahr 2023 sind im Handel differenziert zu bewerten. Einerseits, weil man die Preissteigerungen für Mode vor allem im zweiten Halbjahr schlecht einschätzen kann. Auch das wirtschaftliche Umfeld bleibt aufgrund der durch die Inflation gesunkenen Kaufkraft herausfordernd. Zusätzlich sind die Personalkosten im Vergleich zum Vor-Corona-Jahr 2019 um etwa 10% gestiegen. Die Energiekosten werden sich teilweise verdoppeln.

Anderseits ist es wichtig sich zu vergegenwärtigen, dass der aktuelle Umsatztrend positiv ist. Für alle Marktteilnehmer wird es nun erneut auf die Kompetenz der zielgerichteten Kundenansprache und die Schaffung maximaler Begehrlichkeit ankommen. Unternehmen, die diesen Kurs eingeschlagen haben, setzten sich weiter positiv in ihrer Entwicklung ab.

TextilWirtschaft, Aziza Freutel: "Die Frühjahrssaison könnte gar nicht schlecht verlaufen"(Donnerstag, 09. Februar 2023)

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