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TextilWirtschaft: Daten und Dynamik - Was daraus zu lernen ist

Wie waren die ersten sechs Monate des Jahres im Handels-Panel von hachmeister + partner? Ein Gespräch mit Marc Unterbrink, Gesellschafter und Partner bei der Bielefelder Unternehmensberatung, über die schwächelnde Nachfrage, die Lehren für die Order und die Aussichten für die zweite Jahreshälfte.

Veröffentlicht am 17.07.2025

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"Es wird nicht reichen, auf bessere Zeiten zu hoffen"

Wie waren die ersten sechs Monate des Jahres im Handels-Panel von hachmeister + partner? Ein Gespräch mit Marc Unterbrink, Gesellschafter und Partner bei der Bielefelder Unternehmensberatung, über die schwächelnde Nachfrage, die Lehren für die Order und die Aussichten für die zweite Jahreshälfte.


TextilWirtschaft: Zum Ende des Halbjahres hat das Wetter noch mal richtig aufgedreht. Was hat die Sommerhitze mit den Umsätzen zum Auftakt ins zweite Halbjahr gemacht?

Marc Unterbrink: Die hohen Temperaturen brachten in der ersten Woche des zweiten Halbjahres (27. Woche) leider nur eine negative Umsatzentwicklung von minus 4,0% zum Vorjahr mit sich. Die Frequenz litt auch deutlich unter den Bedingungen (minus 8,3% zum Vorjahr).

Was kauften die Kundinnen und Kunden bei knapp 40 Grad?
Bei den Damen lag der Fokus bei diesen Temperaturen vor allem auf Unterteilen. So schlossen die Röcke an den heißen Tagen Anfang Juli mit einem Plus von 85,3% zum Vorjahr und die Shorts mit Plus 76,8% zum Vorjahr ab. Auch die Kleider, die zuletzt nicht stark gefragt waren, konnten an diesen Tagen ein Plus von 34,9% erzielen. In der HAKA schwächelten die Bermudas und Shorts auf der Monatsebene zuletzt. Dem konnten die Temperaturen entgegenwirken und so ergab sich für die 27. Woche ein Umsatzplus von 76,0% zum Vorjahr in unserem H.I.T.-Kreis. Es folgten die Freizeithemden mit einem Plus von 19,1% zum Vorjahr.

Wie haben sich die Umsätze in Ihrem Händlerkreis im Juni entwickelt?
Die Umsätze haben sich im Juni durchweg – mit Ausnahme der Damen-Wäsche – negativ entwickelt. In der HAKA ist der Umsatzrückgang mit minus 5,9 % zum Vorjahr am stärksten ausgefallen. Auch die Stückumsätze lagen hier mit minus 1,9% unter dem Vorjahresniveau. Die DOB gehörte mit einem Minus von 1,9% zu den Segmenten, die sich "am besten" entwickelt haben. Der Rückgang der Stückumsätze fiel mit minus 0,8% ebenfalls verhältnismäßig gering aus. Man muss diese Entwicklung allerdings relativieren, weil es in dem Monat einen Samstag weniger gab als im Vorjahr.

Was bedeutet das für den Halbjahresabschluss?
Wie bereits erwartet schloss das erste Halbjahr negativ ab (minus 2,0% aufgelaufen zum Vorjahr auf der Bekleidungsebene). Die HAKA erzielte mit einem Minus von 3,5% aufgelaufen zum Vorjahr ein beunruhigendes Ergebnis. Die DOB konnte das Gesamtergebnis noch etwas abmildern (minus 0,8%).

Inwieweit hat sie das Ergebnis überrascht?
Das Ergebnis hat sich bereits in den letzten Wochen abgezeichnet und kam daher nicht überraschend. Natürlich hängt das Ergebnis von mehreren Faktoren ab, die nicht alle von Händlern und Herstellern beeinflussbar sind. Vorhersehbar war aber, dass die Unternehmen, die eine gezielte Kundenansprache in den Fokus gerückt haben, besser abschneiden konnten.

Wie haben sich weitere Kennzahlen entwickelt? 
Die LUG liegt aufgelaufen unverändert bei 2,5. Die Zahl der Kundinnen und Kunden ist mit minus 4,4% etwas stärker zurückgegangen als die Frequenz (minus 4,0% zum Vorjahr), was im Ergebnis zu einem leichten Rückgang der Conversion Rate um 0,1 Prozentpunkt geführt hat. Bei den Reduzierungen zeigten sich die Unternehmen im Panel ein wenig sensibler als im Vorjahr, denn das Abschriftenniveau sank um 0,4 Prozentpunkte. Der durchschnittliche Bon entwickelte sich positiv und stieg um 2,5%.

Was lässt sich daraus für die jetzt anstehende Order lernen?
Händler müssen sich noch stärker an den tatsächlichen Bedürfnissen ihrer Kund:innen orientieren. Wer erfolgreich ordern will, braucht ein feines Gespür für Sortimente, die Frequenz schaffen. Dazu gehört, die eigene Zielgruppe genau zu kennen und das Sortiment datenbasiert und mit Blick auf realistische Abverkaufschancen zu gestalten. Die datenbasierte Sortimentsplanung kann helfen, Risiken zu minimieren und Sortimentsleichen zu vermeiden. Wer den Spagat zwischen Bauchgefühl, Kundenfokus und Analyse schafft, wird auch in herausfordernden Zeiten performen.

Was waren die Renner-Produktgruppen im ersten Halbjahr? Und was lief nicht so gut? 
Nach wie vor liegen in der DOB die Röcke mit einer Umsatzentwicklung von plus 25,3% aufgelaufen zum Vorjahr vorne. Es folgen die Jeans mit plus 14,3%. Die Schlusslichter sind in der DOB die Mäntel (minus 21,5%) und die Kleider (minus 17,6%). In der HAKA überzeugten die Strickwaren (aufgelaufen plus 3,6% zum Vorjahr) – vor allem in Form von Strickjacken mit plus 7,8%. Anders als in der DOB gehörten die Mäntel, bei geringem Umsatzanteil, ebenfalls zu einem der wenigen Sortimente mit Umsatzplus (plus 2,0%). Die Entwicklung der Anzüge (minus 22,7%) und Sakkos (minus 11,8%) fiel besonders negativ auf.

Was werden die größten Herausforderungen für die Modeanbieter im zweiten Halbjahr sein?
Das Konsumklima bleibt angespannt, daher wird es nicht reichen, auf bessere Zeiten zu hoffen. Eine der größten Herausforderungen wird darin liegen, trotz Kaufzurückhaltung Begehrlichkeit zu erzeugen. Das heißt stärkere Profilierung, emotionalere Inszenierung am POS und verlässliche Verfügbarkeit von Rennern. Gleichzeitig wird das Thema Lagerbewirtschaftung an Brisanz gewinnen: Wer zu viel einkauft, riskiert massive Abschriften und wer zu wenig ordert, kann seine Kundinnen und Kunden nicht bedienen. Händler müssen also im Einkauf, in der Flächensteuerung und in der Kommunikation mit ihren Partnern agiler werden.

Was erwarten Sie hinsichtlich des Gesamtjahres?
Nach einem schwachen ersten Halbjahr ist ein Aufholen im zweiten Halbjahr ambitioniert, aber nicht ausgeschlossen. Die Branche braucht dafür viel Rückenwind. Insgesamt rechnen wir mit einem durchwachsenen Jahr, in dem die Differenz zwischen erfolgreichen Konzepten und dem restlichen Markt weiter zunehmen wird. Wer konsequent am Kunden arbeitet und datenbasiert steuert, wird sich behaupten können. Alle anderen werden es schwer haben.

TextilWirtschaft, Aziza Freutel: "Es wird nicht reichen, auf bessere Zeiten zu hoffen" (Dienstag, 15. Juli 2025)

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