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Der Juli war wettermäßig eine Herausforderung für den Modehandel. Uwe Seibicke von der Bielefelder Unternehmensberatung hachmeister + partner über das, was an Sommerware lief, wie sich die Herbstware anlässt, und darüber, wie Datenanalyse-Tools dabei helfen können, die Kunden besser zu verstehen und die Conversion Rate zu verbessern.
Veröffentlicht am 13.08.2025
Der Juli war wettermäßig eine Herausforderung für den Modehandel. Uwe Seibicke von der Bielefelder Unternehmensberatung hachmeister + partner über das, was an Sommerware lief, wie sich die Herbstware anlässt, und darüber, wie Datenanalyse-Tools dabei helfen können, die Kunden besser zu verstehen und die Conversion Rate zu verbessern.
TextilWirtschaft: Der Sale läuft, gleichzeitig sind fast überall in Deutschland Ferien. Wie hat Ihr Panel den traditionell eher ruhigen Juli im Vergleich zum Vorjahr abgeschlossen?
Uwe Seibicke: Der Juli hat mit einem Umsatz-Minus von 3,3% zum Vorjahr abgeschlossen. Der derzeitige Umsatzanteil am Gesamtjahr liegt bei 7,6%. Der Stück-Umsatz ist mit minus 5,7% zum Vorjahr deutlich schwächer, was auf einen höheren Durchschnitts-Preis schließen lässt. Die Frequenz lag ebenfalls unter dem Vorjahresniveau mit minus 2,3%.
Wie hoch sind die Abschriften derzeit?
Die Abschriften entwickelten sich im Juli leicht unter Vorjahresniveau (minus 0,3 Prozentpunkte). Während die Herren mit minus 0,5 Prozentpunkten überdurchschnittlich abgeschrieben haben, waren es bei den Damen minus 0,2 Prozentpunkte. Die Rotpreisartikel nahmen bei den Damen (minus 8,8%) stärker ab als bei den Herren (minus 5,3%).
Gibt es signifikante Unterschiede zum vergangenen Jahr?
In der Sortimentsbetrachtung gibt es einige Auffälligkeiten im Vergleich zum Vorjahr. Auch wenn die Damen-Kleider derzeit einen rückläufigen Umsatz verzeichnen, wurden die Abschriften in diesem Sortiment um 3,6 Prozentpunkte zum Vorjahr gesenkt. Die Herren-Poloshirts werden zwar überdurchschnittlich hoch abgeschrieben, allerdings konnten die Abschriften in diesem Sortiment um 5,2 Prozentpunkte zum Vorjahr sinken.
Wie ist denn das Verhältnis Sommer-/Herbstware auf den Flächen derzeit?
Die F/S-Saison befindet sich in den letzten Zügen und die Wareneingänge (Stückbetrachtung) der H/W-Saison zogen im Juli bereits deutlich an. Insgesamt lag die Einsteuerung der neuen Saison-Artikel gut 10% über dem Niveau des Vorjahres – in der DOB stärker als in der HAKA. Ein Blick auf die Stück-Bestände zeigt einen starken Nachholbedarf bei den Abverkäufen der aktuellen Saison-Ware. Es liegen derzeit über 7% mehr F/S-Artikel in den Lagern als im vergangenen Jahr, besonders hoch fällt der Zuwachs mit über 12% in der HAKA aus.
Der Juli war wettermäßig sehr durchwachsen. Greifen die Kundinnen und Kunden schon zu Herbstware? Falls ja, wozu?
In der Tat spiegelten sich die Wetterbedingungen in den Sortimentsentwicklungen wider. In der DOB konnten die Jacken im Juli ein Umsatzplus von 23,3% zum Vorjahr erreichen. Es folgten die Jeans, die weiterhin auf einem hohen Niveau performen (plus 15,4% im Juli zum Vorjahr). Die HAKA überzeugte im Juli mit Pullovern (plus 12,6%) und generell mit dem Segment Strick (plus 11,4% zum Vorjahr). Auch die Jacken waren bei den Herren unter den Umsatzgewinnern (plus 6,5%).
Und was ist eher weniger gefragt?
Trotz der rückläufigen Abschriften und einer überdurchschnittlichen erzielten Kalkulation waren die Damen-Kleider nach wie vor die größten Verlierer in dieser Sale-Phase (minus 23,6% Umsatz zum Vorjahr). Auch die Nachfrage nach Blazern schrumpft derzeit stark (minus 19,0%). In der HAKA waren es vor allem die Sakkos (minus 17,0%) und Sweatshirts (minus 14,3%). Auch die T-Shirts lagen um 6,4% unter dem Niveau des Vorjahres.
Wie haben sich wichtige Kennzahlen wie LUG und Conversion Rate entwickelt?
Die LUG ist im Juli geringfügig gestiegen. Vor allem Händler, die KI gestütztes Replenishment im Einsatz haben, erzielen merklich höhere LUGs. Die Conversion Rate lag im Juli 0,3% Prozentpunkte unter dem Vorjahreswert. Außerdem sind sowohl die Kauftage je Kunde (minus 0,4%) als auch die Teile pro Kauftag (minus 0,8%) im Juli gesunken.
Können Tools zur Datenanalyse dabei helfen, die Kunden besser zu verstehen und die Conversion Rate zu verbessern?
Datenanalyse-Tools wie unser Kunden-Analyse-Portal ermöglichen eine detaillierte Auswertung des Kundenverhaltens entlang der gesamten Customer Journey. Sie helfen dabei, Verhaltensmuster zu erkennen und Optimierungspotenziale zu identifizieren. Entsprechend können die Kunden nach Interessen, Verhalten, Demografie oder Kauflust segmentiert und gezielt mit personalisiertem Content angesprochen werden. Diese gezielten Marketingmaßnahmen können dann einem A/B-Testing unterzogen werden, wodurch noch mehr Erkenntnisse zur richtigen Kundenansprache gewonnen werden können. Als weiterer wichtiger Aspekt kann der Customer Lifetime Value berechnet und bestimmt werden. Es ist relevant zu erkennen, welche Kundengruppen besonders wertvoll sind und wie sie gezielt angesprochen werden sollten.
Welche Kundendaten sind dabei die relevantesten?
Die wichtigsten Kundendaten zur Analyse sind Verhaltensdaten, demografische Daten, Transaktionsdaten und Feedbackdaten. Die Verhaltensdaten lassen sich beispielsweise sehr gut anhand von Klickverhalten auf der Website oder in der App und z.B. der Kaufhistorie sowie Warenkorbdaten analysieren. Inhaltlich bieten diese Daten die Möglichkeit, das CRM sehr effizient und kundenorientiert auszurichten.
Demografische Daten wie z.B. Alter oder Geschlecht geben Aufschluss über die Personen und lassen weitere Spezifikationen in der Kommunikation bzw. in den Angeboten zu.
Transaktionsdaten geben Aufschluss über wichtige KPIs wie die Kaufhäufigkeit, Retourenquote sowie Zeitpunkt der Käufe. Hieraus lassen sich z.B. Kundenwert-Analysen fahren, die wiederum direkten Einfluss auf das eingesetzte Marketingbudget und somit auf den ROI haben.
Feedbackdaten wie Bewertungen, Kommentare oder Supportanfragen sind weitere wichtige Informationen, um ggf. mit dem Kunden auch in ein One-to-One Feedback zu gehen und Leistungsbereiche generell zu hinterfragen und zu optimieren.
Welche Informationen kann der Händler dann daraus gewinnen?
Je besser diese Daten kombiniert und analysiert werden, desto klarer wird das Bild vom Kunden und seiner Entscheidungsfindung. Die Kommunikation und die Angebote werden anhand dieser Bedürfnisse ausgerichtet. Somit steigt nicht nur die Kundenzufriedenheit, sondern auch die Wertschöpfung mit den Kunden.
Welche Innovationen zur Kundendatenanalyse gibt es und welche Rolle spielt KI schon dabei?
Künstliche Intelligenz spielt in der Kundenansprache heute bereits eine spürbare Rolle, allerdings vor allem in der Content-Optimierung. KI-gestützte Tools helfen, Texte zu verfeinern, kreative Ideen wie Videos zu entwickeln oder Kampagneninhalte zu organisieren. Das erleichtert Marketing-Teams die Arbeit und sorgt für eine schnellere Umsetzung personalisierter Kommunikation bei reduziertem Aufwand. In der eigentlichen Datenanalyse hingegen sind KI-Lösungen derzeit noch nicht flächendeckend etabliert. Hier dominieren aktuell Automatismen, die auf klar definierten Regeln und Statistiken beruhen. Beispiele für diese Automatismen sind automatisierte Trigger-Mails mit Rabattcodes, wenn ein Artikel im Warenkorb zurückgelassen wird, oder gezielte Kundenansprachen zur Rückgewinnung, wenn ein Abwanderungsrisiko erkannt wird.
Kann das künftig auch bei der Analyse von Kennzahlen helfen?
Der Blick in die Zukunft zeigt ein spannendes Potenzial: Künstliche Intelligenz wird zunehmend in der Lage sein, Kennzahlensysteme zu "verstehen" und diese in verständlicher Textform aufzubereiten. So können künftig auch Personen ohne tiefes Zahlenverständnis komplexe Zusammenhänge nachvollziehen und daraus strategische Entscheidungen ableiten.
Worauf müssen Händler bei der Implementierung von Analyse-Tools achten?
Die Datenqualität spielt wohl die entscheidendste Rolle. Ungenaue, unvollständige oder isolierte Datenquellen verfälschen Analysen. Einheitliche Datenmodelle und eine saubere Datenarchitektur sind essenziell. Außerdem müssen die Datenspeicherung und -verarbeitung transparent und gesetzeskonform erfolgen. Consent Management bzw. Einwilligungsmanagement ist Pflicht.
Was sind die besonderen Herausforderungen?
Neben der Datenqualität gibt es noch einige weitere Erfolgsfaktoren. Die Anbindung an Webshops, CRM, ERP, Marketingtools etc. muss sauber erfolgen, was oft ein komplexes Projekt darstellt. Zudem bringen die besten Tools nichts, wenn Mitarbeitende sie nicht bedienen oder interpretieren können. Schulung und Change Management für die Mitarbeiterkompetenz sind daher entscheidend. Es ist zudem darauf zu achten, nicht in ein Tool-Overload zu geraten. Der Nutzen muss durch geeignete KPIs klar belegt werden. Eine reine IT- bzw. Tool-Perspektive reicht nicht aus und kann am Ende sogar in Frustration und Ablehnung eines zentralen Erfolgsthemas münden. Idealerweise wird ein Tool genutzt, welches die Anforderungen vollumfänglich erfüllt.
TextilWirtschaft, Anja Haak: "Starker Nachholbedarf bei Abverkäufen aktueller Saisonware" (Mittwoch, 13. August 2025)
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