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BTE-Magazin: Chefsache Nachhaltigkeit - Wie sich Modehändler rund um das relevanter werdende Thema personell aufstellen sollten

Franziska von Becker, Principal bei hachmeister + partner: "Das Thema Nachhaltigkeit sollte fest in der strategischen Unternehmensführung verankert werden."

Veröffentlicht am 07.04.2024

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Den Durchblick in Sachen Nachhaltigkeit zu behalten, wird zur anspruchsvollen Aufgabe: „Derzeit sind allein etwa 16 europäische Gesetzesinitiativen absehbar, die Modehandel und -industrie in den kommenden Jahren betreffen werden. Den Ursprung bildet der European Green Deal mit der Zielsetzung Klimaneutralität“, macht Franziska von Becker aufmerksam, Principal bei BTE KompetenzPartner hachmeister + partner (h + p). Sie fährt fort: „Eine der wichtigsten Herausforderungen für Modehändler wird die Umsetzung der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD), mit der ab 2025 die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung eingeführt wird. Selbst mittelständische Unternehmen müssen dann sehr umfassende Daten erheben und berichten.“ Die Konsequenz aus Sicht der h + p-Beraterin: „Das Thema Nachhaltigkeit entwickelt sich vom ‚nice to have‘ und Marketing-Tool zum elementaren Faktor des Risikomanagements und sollte fest in der strategischen Unternehmensführung verankert werden.“

Keine Frage: Es kommen (noch mehr) Bürokratie, Aufwand und Kosten auf die Unternehmen zu. „Sie sollten aber nicht nur sehen, was ihnen aufoktroyiert wird, sondern zugleich die Chancen erkennen“, rät Ulrike Stöckle, geschäftsführende Inhaberin der Agentur für nachhaltige Kommunikation, zu einem Wechsel der Blickrichtung: „Das Thema Nachhaltigkeit kann ein wahrer Innovationstreiber sein, wenn man es strukturiert angeht und die eigenen Prozesse auf den Prüfstand stellt. Alles, was Unternehmen schon jetzt freiwillig tun, ist eine Investition in die Wettbewerbsfähigkeit der Zukunft. Gesteigerte Kunden- und Mitarbeiterbindung sowie Kreditwürdigkeit gehören zu den positiven Aspekten.“ Auch Stella Blohmke und Valéa Vadaleau, Inhaberinnen der Nachhaltigkeitsberatung Kybele, betonen: „Erfolgreiche Unternehmen gehen das Thema holistisch und langfristig an.“

Dazu gehört, intern Kompetenz aufzubauen. Eine Option, um dies zu erreichen, ist, Fachleute einzustellen. Doch die sind bisher rar, vor allem mit Branchenbezug. „Sehr oft haben Unternehmen jedoch Mitarbeitende mit hoher Affinität in den eigenen Reihen, die sie zum Nachhaltigkeitsmanager entwickeln können“, weiß Ulrike Stöckle.

Nicht nur Hürden, sondern auch Chancen sehen

Bei Ramelow mit fünf Modehäusern und Stammsitz in Elmshorn beispielsweise ist es so. Geschäftsführer Marc Ramelow hat sich selbst sehr frühzeitig mit dem Thema beschäftigt und wird inzwischen von Stephanie Essack, Head of Marketing sowie Projektmanagerin ESG, unterstützt. Sie hat an der HFH in Hamburg die Weiterbildung Nachhaltigkeitsmanagement in Form eines Abendstudiums absolviert. Proaktiv und pragmatisch haben die beiden bei Ramelow Projekte initiiert, „um uns der Regulatorik bereits jetzt anzunähern und gut vorbereitet zu sein, wenn die Pflichten greifen“, erzählt Stephanie Essack. Zu den bisherigen Meilensteinen gehören eine umfangreiche Lieferantenbefragung und die Veröffentlichung eines ersten Nachhaltigkeitsberichts für das Geschäftsjahr 2022/23. „Beides hat uns wertvolle Erkenntnisse geliefert.“

L&T arbeitet aktuell bereits an seinem vierten Nachhaltigkeitsbericht. Beim Osnabrücker Platzhirsch ist das strategische Nachhaltigkeitsmanagement an die Abteilung Unternehmensentwicklung unter Leitung von André Gizinski angebunden. Um den operativen Part kümmert sich seit Dezember 2022 Malin Luczak, die eine Ausbildung zur Visual Merchandiserin absolvierte, bevor sie zur Unternehmensentwicklung kam. „Malin ist nachhaltigkeitsinteressiert aus Leidenschaft und somit intrinsisch motiviert“ – André Gizinski hält das für wesentlich. Er fügt hinzu, dass es zudem ein hierarchieübergreifendes, interdisziplinäres Projektteam im Hause gibt. „Es ist wichtig, dass die Nachhaltigkeitsverantwortlichen eng mit anderen Bereichen des Unternehmens verzahnt sind und nicht isoliert arbeiten“, unterstreicht auch Franziska von Becker. „Das gesamte Team sollte durch Trainings mitgenommen werden“, empfehlen analog dazu Stella Blohmke und Valéa Vadaleau.

Externe Dienstleister hinzuzuziehen, wie die drei im Beitrag genannten, kann hilfreich sein und ggf. auch gefördert werden, ob für Strategieentwicklung und Einstieg, als dauerhafte Begleitung oder projektbezogen. Ramelow hat sich beispielsweise bei der Lieferantenbefragung von Kybele unterstützen lassen. Das Sechs-Schritte-Programm der Agentur für nachhaltige Kommunikation von Ulrike Stöckle beginnt mit der Erhebung des Status quo. Vor zwei Jahren implementierte sie auch eine Akademie, die den Zertifikatskurs „Certified Corporate Sustainability Manager“ sowie regelmäßige Seminare und Webinare anbietet. Denn es gilt, dranzubleiben. Ulrike Stöckle nennt in diesem Zusammenhang „die Branchenverbände“ als verlässliche Informationsquellen und sieht im Haufe Verlag sowie Green Works vom Deutschen Fachverlag gute Portale. Bei L&T bleibt man „in erster Linie über Berichte in der Fachpresse sowie die regelmäßige Teilnahme an Workshops up-to-date“, gibt André Gizinski Einblick. Stella Blohmke und Valéa Vadaleau bringen, last, but not least, CSR-Treffen mit Gleichgesinnten ins Spiel.

BTE marketing berater, Stefanie Hütz: "Chefsache Nachhaltigkeit - Wie sich Modehändler rund um das relevanter werdende Thema personall aufstellen sollten" (April 2024)

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